Das Berliner Straßenreinigungsgesetz (StrReinG)] enthält zentrale Regelungen, die auf die Fütterung und Versorgung von Stadttauben angewandt werden. Die Bestimmungen sind jedoch in ihrer Auslegung umstritten.
§ 8 Abs. 1 StrReinG] verbietet „jede vermeidbare Verschmutzung der Straßen"]. Dies ist die Rechtsgrundlage, auf die das Berliner Ordnungsamt bei der Verfolgung von Taubenfütterern häufig zurückgreift. Nach § 8 Abs. 4 StrReinG] sind Verursacher von Verschmutzungen verpflichtet, die Folgen unverzüglich zu beseitigen.
Allerdings ist die Auslegung dieser Vorschrift hinsichtlich Taubenfütterung rechtlich sehr umstritten.
Eine zentrale Frage ist, ab wann eine Verunreinigung vorliegt. Nach einer Senatsbeantwortung im Berliner Abgeordnetenhaus liegt eine Verschmutzung vor, wenn Taubenfutter ausgestreut wird – aber nur, wenn das Futter nicht unmittelbar durch die Tauben aufgepickt wird und Reste zurückbleiben.
Der Berliner Senat stellte klar: „Wird das Futter unmittelbar durch die Tauben 'aufgepickt', ist keine Verunreinigung gegeben. Bleiben allerdings Reste über und die 'Taubenfütterin' oder der 'Taubenfütterer' entfernt sich, ohne diese Reste wieder einzusammeln, treffen die Vorschriften des Straßenreinigungsgesetzes."]
Dies ist allerdings nicht eindeutig, denn die Grenze zwischen sachkundig gefütterter Menge (die sofort aufgepickt wird) und Verschmutzung ist fließend.
Nach Ansicht von Tierschutzverbänden und Juristen ist die Anwendung des Straßenreinigungsgesetzes gegen Taubenfütterer verfassungswidrig. Dies wird damit begründet:
Die Stadttauben sind keine Wildtiere, sondern Nachkommen domestizierter Tauben, die von Menschen ausgesetzt oder nicht mehr gepflegt wurden. Diese Tiere sind vollständig von menschlicher Fütterung abhängig und würden ohne regelmäßige Fütterung einen qualvollen Hungertod erleiden.
Gemäß § 4 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes (TierSchG)] darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Leiden zufügen. Ein Fütterungsverbot, das zu Unterernährung und Leiden führt, könnte daher gegen Tierschutzrecht verstoßen.
§ 9 Abs. 1 Nr. 4 StrReinG] regelt, dass es eine Ordnungswidrigkeit darstellt, wer gegen § 8 Abs. 1] verstößt, also vermeidbar Straßen verschmutzt. Die Strafe beträgt bis zu 10.000 Euro.
Allerdings ist die Grenze zwischen sachkundiger Fütterung (die keine Verschmutzung darstellt) und fahrlässiger Fütterung mit Verschmutzung nicht eindeutig gezogen.
Im Gegensatz zu anderen deutschen Großstädten wie Hamburg, München und Köln existiert in Berlin kein explizites Fütterungsverbot für Stadttauben. Das Straßenreinigungsgesetz ist daher die einzige Rechtsgrundlage, die vom Ordnungsamt gegen Taubenfütterer herangezogen wird – und dies erfolgt oft, wie das Beispiel zeigt, kreativ und mit fragwürdiger Rechtsgrundlage.
Das Straßenreinigungsgesetz in Bezug auf Taubenfütterung befindet sich in einer rechtlichen Grauzone. Während die gesetzliche Regelung grundsätzlich jede vermeidbare Verschmutzung verbietet, ist unklar, ob die sachkundig durchgeführte Fütterung von Stadttauben, bei der Tauben das Futter sofort aufpicken, tatsächlich eine strafbare Verunreinigung darstellt. Die Rechtsprechung neigt bislang dazu, solche Fütterungen nicht zu verfolgen, wenn nachweislich keine Verunreinigung zurückbleibt.